Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan und Tadjikistan. Länder, die riesige Flächen auf dem ungeheuer großen asiatischen Kontinent einnehmen. Und diese ehemaligen russischen Kolonien wollte ich schon lange mal sehen.
Immer nur die zwei gekrümmten Palmen an den Gestaden der Andamansee, zwischen denen man die Hängematte gespannt hat und von dort aus man einen Blick auf das türkisblaue Meer genießt, sind auf Dauer doch ein wenig langweilig. Auch wird es im April unangenehm heiß dort. Da fiel es mir dann ganz leicht, für 2 Monate von dort Abschied zu nehmen.
Wie groß Asien wirklich ist erfährt man nur, wenn man über Land reist. Da wollte ich dann doch schon lange mal über Land von Thailand nach Europa. Das geht am besten über China. Früher, als die Welt noch in Ordnung war, brauchte man nur Geld zum Reisen. Heute braucht man Geld und Visa.
Das fing mit den Chinesen an. Eigentlich wollte ich ja von Chiang Mai mit dem Bus nach Laos. Von Huexai fährt täglich ein Bus nach China. Das glaubte mir der Konsul auf Phuket aber nicht. Und Vorschrift ist Vorschrift, für ein Visum wird der Nachweis eines Fluges verlangt. Also begann meine Reise in Kunming.
Lange folgten die Stans mit ihren Visavorschriften dem Vorbild der Sowjetunion. Es ist es urrussische Überzeugung, dass jeder, der dieses Land freiwillig nur mal so bereist, ein Spion sein muss. Um Spreu von Weizen trennen zu können bedurfte es einer Einladung. Zulieferer und Kunden des militärisch industriellen Komplexes waren immer willkommen. Jemand, der sich einfach nur mal im Lande ein wenig umsehen wollte dagegen nicht.
Russland verlangt auch heute noch für ein Visum eine Einladung. In DACH erledigen das Visaagenturen gegen ein gewisses Entgelt. In den Stans gibt es solche Agenturen nicht. Und so sah ich unterwegs manch langes Gesicht weil der Wunsch nach einem Visum von den Russen wegen der fehlenden Einladung mit einem freundlichen Njet abgelehnt wurde. Den Gang zu einem chinesischen Konsulat dort kann man sich auch schenken. Die stellen Visa nur im country of residence des Antragsteller aus.
Inzwischen benötigen EU-Bürger für Kasachstan und Kirgisien kein Visum mehr. Das für Tadjikistan gibt es innerhalb von maximal 24 Stunden und es wird wohl nur deshalb gefordert, um den Konsulaten Einkommen zu verschaffen. Natürlich nicht nur den Konsulaten, sondern auch deren Mitarbeitern; der Preis für das Visum ist verhandelbar. Nur Usbekistan macht es etwas komplizierter. Für jemanden der in DACH lebt ist es aber letztendlich doch recht einfach. Nicht aber in Thailand. Dort geht es nur im Prinzip. Mehrfach rief ich die usbekische Vertretung in Bangkok an und der gut Englisch sprechende Operator dort konnte mir aber immer nur bedauernd mitteilen, dass sich die Herren gerade auf einem Meeting befänden.
Eigentlich hätte ich ja auch noch gern einen Blick nach Turkmenistan geworfen. Aber die wollen so etwas nicht und regeln das mit ihren Visavorschriften. Und zu sehen gibt es dort außer vielen Statuen des Präsidenten sowieso nichts. Gerüchte unter Travellern sagen, dass dort schon mal Leute wegen des Verdachtes auf Spionage festgenommen wurden als sie versuchten, ein solches Denkmal zu fotografieren. Die sind natürlich böswillige Übertreibungen, richtig ist wohl eher, dass die Polizei lediglich versuchte, ein wenig Geld zu machen.
Ja, das usbekische Visum. Jedes Konsulat stellt es einem EU Bürger innerhalb von Tagen aus. Unklar ist nur, wie viele das jeweils sind. Besser ist es schon, sich vorab ein LOI (letter of invitation) zu besorgen. Das geht inzwischen per Internet und Kreditkarte.
Alma Ata hat sowohl ein usbekisches und ein tadjikisches Konsulat. Von Osten kommend drängt es sich damit auf, in Almaty anzufangen. Das usbekische Konsulat ist interessant. Geöffnet ist es nur von 15 bis 18 Uhr. Eine lange Menschenschlange kasachischen Typs wartet vor dem Eingang. Etliche Polizisten versuchen derer Herr zu werden. Mit einigem Körpereinsatz gelang es mir, in die Nähe der Ordnungshüter zu gelangen. Spricht man die auf Englisch an nehmen die an, man sei „richtiger“ Ausländer und man darf in das Konsulat. Dann dauert es nur noch so gute 3 Stunden und man hat sein Visum.
Beim Warten lernte ich zwei Koreaner kennen. Die waren ganz stolz, russisch zu können. Allerdings, drei Tage lang hatten sie es erfolglos versucht, in das Innere des Konsulates zu gelangen. Mein Tipp, es doch einfach mal mit Englisch zu versuchen, half. Sie luden mich zu einem schönen Abendessen ein.
Woher ich das alles wusste? Es gibt da ein Forum namens Caravanistan und das ist sehr, sehr schlau.
Eine Reiseroute festzulegen ist ganz einfach. Es gibt nur wenige Straßen- und Eisenbahnlinien. Und was man eigentlich sehen will, das sollte man schon vorher wissen.
Für China ist es ganz einfach. Die Fahrpläne der Eisenbahn stehen im Internet und Fahrkarten kann man auch per Internet buchen. Leider habe ich keine kyrillische Tastatur und so waren die online Fahrpläne der Staneisenbahnen für mich nicht zu bedienen. Aber die Deutsche Bahn hat das wohl bedacht, ihr Auskunftsstem https://reiseauskunft.bahn.de kennt die Zugverbindungen Kasachstans und Usbekistans.
Und Zugtickets buchen einem dort Reisebüros vorab, man muss sie dann lediglich abholen.
Aber man ist nicht auf die Eisenbahn allein angewiesen. Überall gibt es shared taxis. Die fahren los wenn sich 4 zahlungssbereite Kunden gefunden haben und sind im Nahbereich so bis einige 100 km meistens die beste Lösung. Man kommt und muss nie lange warten. Und selbstverständlich bekommt man gegen einen kleinen Aufpreis auch den Sitz neben den Fahrer. Die Hotels sagen einem, was es so kosten durfte und da diese Länder touristisch noch nicht erschlossen sind bekommt man nach einigem Verhandeln diese Preise auch.
Aber auf Langstrecken sind Züge natürlich viel bequemer.
Hotels vorab buchen ist ganz einfach. Mein Favorit heißt booking.com. Reist man außerhalb der Hochsaison geht das immer so ein bis 2 Tage vorab.
Also, so eine Reise selbst zu organisieren ist kein Problem. Lesen bildet! Und so sah dann meine Reiseroute aus:
Bis vor einiger Zeit galt diese Weltengegend als ausgesprochen teuer. Das hat sich sehr zu meinen Gunsten geändert. Ich versuche mal das politisch korrekt zu erklären. Die Wirtschaften dieser Länder sind immer noch sehr eng mit der Russlands verbunden, so dass die Stans gezwungen waren, die Abwertung des Rubels mitzumachen. Lägen die Stans in Afrika muss es natürlich heißen, dass diese Länder immer noch von den früheren Kolonialherren ausgebeutet werden.
Inzwischen sind diese Länder ausgesprochen billig. Lediglich Kirgisen kommt schon ein ganz wenig etwas an das Hochpreisland Thailand heran.
Lieblingswährung in all diesen Ländern ist der US-Dollar. Und das, obwohl nach Meinung vieler selbsternannter Gurus die USA wirtschaftlich längst am Ende sind und nur Russland und vielleicht auch noch China eine gesunde und florierende Wirtschaft vorzuweisen haben. Da sieht man dann, wie dumm selbst erfahrene Geschäftsleute in diesen Ländern sind und vielleicht erklärt das auch deren Armut und Rückständigkeit.
Zur Ehrenrettung des Rubels sei gesagt, Geldwechsler dort tauschen die. Nur, was die Menschen dort mit der nachhaltigen Werthaltigkeit dieser Währung erlebt haben macht sie in deren Augen äußerst unattraktiv und man versucht, sie so schnell wie möglich wieder loszuwerden.
Selbst die russischen Reisenden, die ich unterwegs kennengelernt habe, hatten selbstverständlich Dollars in ihren Taschen; die sind gerade in Usbekistan und Tadjikistan ausgesprochen praktisch weil man damit überall bezahlen kann und auch das Wechselgeld in Dollars zurückbekommt.
Oben habe ich ganz bewusst von ehemaligen russischen Kolonien gesprochen. Nach dem partiellen Sieg der Weltrevolution wurde ernsthaft diskutiert, ob die eigene Lehre über die Verwerflichkeit des Kolonialismus auch im eigenen Lande gelten solle und es gab tatsächlich Stimmen, die forderten, besagte Kolonien in die Selbstständigkeit zu entlassen.
Realpolitiker erfanden eine geniale Lösung. Jene ehemaligen Kolonien erklärten sich zu Sozialistischen Sowjetrepubliken und die bildeten dann freiwillig die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken.
Damit blieb Russisch auch weiterhin die lingua franca der Region die auch nichtrussische Muttersprachler gern freiwillig lernten. Schließlich war jedem klar, wollte man z.B. im KGB mehr als nur einfacher Erschießer werden, musste man russisch können.
Russisch ist auch heute noch ganz weit verbreitet und in den Schulen erste Fremdsprache. Ein ganz große Problem jener Länder sind fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten. Das Problem ist so gravierend, dass es sogar viele ethnische Russen heim ins Mutterland zieht. Dank ihrer Kenntnisse des Russischen aber fanden viele junge Leute dort im vormals boomenden Russland leicht einen Job als Hilfsarbeiter.
Zum Glück fand die aus Afrika bekannte Bevölkerungsexplosion hier nicht statt. Russland ist in Fragen der Familienzusammenführung eher kleinlich. Aber auch die unislamischen Trinkgewohnheiten in diesen islamischen Ländern werden da eine Rolle spielen. Selbst im kleinsten Tante Emma Laden nimmt Booze einen sehr, sehr deutlichen Anteil der vorhandenen Regalfläche ein.
Was Hitler nicht gelang, die Afghanen schafften es. Die ruhmreiche Rote Armee musste sich geschlagen zurückziehen. Auch hier hatten natürlich in beiden Fällen wieder mal die Amerikaner ihre Finger mit im Spiel. Dabei hatten es die Russen doch nur gut gemeint als sie glaubten, das Land stabilisieren zu müssen.
Als eine Folge davon zerfiel die Sowjetunion und die ehemaligen Kolonien wurden selbstständig. Eine gängige Erklärung für die traurigen Verhältnisse in vielen Ländern Schwarzafrikas lautet, die früheren Kolonialmachte hätten es versäumt, dort tragfähige Strukturen aufzubauen. Wie sieht das nun in den Stans aus?
In Turkmenistan folgte nach einer Neuwahl ein Sohn seinem Vater im Amte des vom Volke heiß und innig geliebten Präsidenten.
In Usbekistan und Tadjikistan heißen die Präsidenten entweder Achmet Schurki oder Mechmed Kleptomanow. Alle diese drei Länder sind ähnlich arm wie viele Staaten Schwarzafrikas. Hier wie dort reicht das vorhandene Geld lediglich, das Allernotwendigste für das Militär zu beschaffen und die Regierungsmitglieder und deren Parteigänger angemessen zu bezahlen.
Kirgisistan kann ich nicht so recht beurteilen aber auch hier sind die innerörtlichen Straßen vielfach auch so schlecht, dass man kaum Zweiräder sieht. Allenfalls mal ein schwer beladenes Fahrrad des Typs „glücklicher Drache“.
Kasachstan scheint besser zu funktionieren. Aber dort gibt es sehr viel Gas und Öl. Die Straßen sind in gutem Zustand und PKW’s, denen es in DACH nicht gestattet wäre, aus eigener Kraft zum Schrottplatz zu fahren, habe ich in diesem Lande nicht gesehen. Aber auch in diesem Land ist der Ölpreisverfall deutlich z.B. in Form stillgelegter Baustellen sehr zu sehen.
Neben Arbeitslosigkeit ist vielerorts ist die Versorgung mit Leitungswasser, ich sage bewusst nicht Trinkwasser, das große Problem. Manchmal kommt Wasser aus der Leitung, manchmal nicht und manchmal sieht es so aus:
Der Hauptgrund, so viel Wasser in einer Qualität, wie wir sie aus DACH kennen, gibt es dort von Natur aus nicht. Und auf die Idee, mit Trinkwasser Toiletten zu spülen, wird da keiner kommen.
Das ist dann die große Stunde von Konzernen wie Nestle. Die stellen Trinkwasser zur Verfügung. Natürlich nicht umsonst. Aber auch kein Bäcker dort verschenkt seine Brötchen.
Eigentlich hätten es ja noch gut einige Wochen mehr sein können. Aber nach 2 Monaten war ich dann doch schon etwas geschafft. Schließlich bin ich ja auch keine 70 mehr.
Die zwei gekrümmten Palmen an den Gestaden der Andamansee, zwischen denen man die Hängematte gespannt hat und von dort aus man einen Blick auf das türkisblaue Meer genießt, sind wieder ausgesprochen spannend.
Da kann ich dann in aller Ruhe darüber nachdenken, was ich wohl als Nächstes unternehmen werde. Und auch, wie es Dschingis Khan einst gelang, sein Reich, dass ja von Korea bis Schlesien reichte, zu organisieren.
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